Meldung | 11.10.2017

Abwehr von unerwünschtem Mikroorganismenwachstum

Bild in Lightbox zeigen
© Kulturschale mit Kolonien von Bakterien, die weltweit auf geruchsauffälligen Pkw-Klimaanlagen und anderen wechselfeuchten Standorten (Duschvorhängen, Wasserabläufen, …) gefunden werden.

Auffallend ist eher die von ihnen bewirkte Stoffwechselleistung: Über 70 % der von Pflanzen produzierten 130 Mrd. Tonnen Biomasse werden im Jahresverlauf von Mikroorganismen wieder zersetzt. Diese im Naturkreislauf erwünschte Stoffwechselleistung ist jedoch nicht auf natürliche Lebensräume beschränkt. Mikroorganismen besiedeln häufig auch vom Menschen geschaffene Verfahren und Produkte und den Menschen selbst. 25 bis 30 % aller humanmedizinischen Diagnosen und Behandlungen, 50 % der Tierarzneimittel und 30 % der Pflanzen­schutzmittel werden in Deutschland allein zur Abwehr unerwünschter Infekte aufgewendet.

Unerwünschtes Mikroorganismenwachstum betrifft nicht allein die Abwehr von Infekten: Auch viele Produktionsverfahren und Produkte müssen vor unerwünschten Einwirkungen von Mikroorganismen geschützt werden. Häufig gelingt das nur durch den Einsatz antimikrobieller Wirkstoffe. Deren Bedeutung lässt sich daran abschätzen, dass der zuständigen Zulassungsstelle für Biozid-Produkte bis Ende 2016 etwa 52.027 Meldungen für Biozidprodukte vorlagen, von denen die meisten für die Desinfektion (~49 %), den Material­schutz (~29 %) und die Schädlingsbekämpfung (~20 %) verwendet werden.

Die hohe Anzahl der verfügbaren Biozid­produkte ist jedoch trügerisch, da sich die Produkte auf 22 Produkt­arten verteilen. Zudem werden viele Biozidwirkstoff derzeit einem Review unterzogen: Zukünftig sollen nur noch Biozid-Produkte mit niedrigem Risikopotenzial für Anwendungen zugelassen werden. Für zahlreiche aktive Wirksubstanzen und Produktkombinationen wurden die bisherigen Zulassungen bereits aufgehoben und nur wenige Wirkstoffe wurden neu entwickelt.

Deshalb werden viele Anwender von Biozidprodukten Alternativen für ihre bisherigen Schutzmaßnahmen suchen oder entwickeln müssen. Hierbei kann das bifa Anwender und Entwickler mit seiner mehr als 25 Jahren umfassenden umweltmikrobiologischen und -toxikologischen Erfahrung in vielen Einsatzbereichen unterstützen.

Da antimikrobielle Wirkstoffe im Rahmen normierter Prüfverfahren meist nur mit wenigen Standardkeimen überprüft werden, lassen sich diese Befunde nur eingeschränkt auf die Vielfalt möglicher Anwendungsfälle übertragen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die am Einsatzort vorhandene Stoffmatrix und die dort real vorkommenden Mikroorganismen die angestrebte Schutzwírkung einschränken. Es ist zielführend, die am Einsatzort real vorkommenden Mikroorganismen zunächst zu isolieren und zu identifizieren. Häufig werden technische Prozesse nur von wenigen, an diesen Lebensraum besonders angepassten Mikroorganismenarten besiedelt. Ihre Identifizierung unterstützt die Auswahl möglicher Abwehrmaßnahmen. Die gewonnenen Keimisolate sollten dann als Prüfkeime für die Bewertung der Wirksamkeit der zu prüfenden Schutzmaßnahme unter möglichst praxisnahen Bedingungen genutzt werden. Auf diese Weise gelingt es, die für den jeweiligen Einsatzzweck beste Schutzvariante zu identifizieren. Die wirkungsvolle Unterdrückung eines unerwünschten Mikroorganismenwachs­tums ist zudem die beste Vorsorge zur Verhinderung von Resistenzen, die noch aufwendigere Abwehrmaßnahmen zur Folge hätten. Wo immer möglich, sollte zudem geprüft werden, ob ein unerwünschtes Keimwachstum auch durch Anpassungen des jeweiligen Lebensraums der störenden Mikroorganismen eingeschränkt werden kann, sodass der Einsatz von Bioziden reduziert oder gänzlich vermieden werden kann.